Die prächtigen Paraden mit Sambatänzen in traumhaften Kostümen faszinieren wohl jeden.
Die Hintergründe sind hingegen dem „Rest der Welt“ nahezu unbekannt. Oder wußten Sie, daß der Samba erst ab 1917 eingeführt wurde? Bis dahin gab’s nämlich in der Parade nur Polka- und Walzertänze!
Der wichtigste Hintergrund:
„Karneval in Rio“ ist ein knallhartes Turnier!
Da gibt es Ligen!
Wie im Fußball sind die Sambaschulen in vier Ligen aufgeteilt. Name der Liga: LIESA (Liga Independente das Escolas de Samba do Rio de Janeiro). Die Schule mit der höchsten Punktezahl der ersten Liga steigt in die Grupo Especial auf. Für den Sieger in dieser Gruppe, vergleichen wir sie mal mit der Champions League, ist der Gewinn des Geldpreises beinahe Nebensache. Das Verlockende daran ist in erster Linie die Ehre, der Siegerschule anzugehören!
Und es gibt ein „Stadion“!
Das Sambódromo im Stadtteil Estácio mit 88.500 Zuschauerplätzen auf den Tribünen. Architekt war der deutsche Oskar Niemeier.
Fast unglaublich hört sich die Bauzeit 1984 an:
Das 700 Meter lange Sambódromo wurde in 120 Tagen erbaut!
Übrigens beherbergt das Sambódromo auch ein kleines Karnevalsmuseum, welches ganzjährig besucht werden kann.
Und es gibt Fans!
Die haben aber nicht nur farblich abgestimmte Fankleidung und Fahnen, nein! Die lernen den in jedem Jahr neuen Titelsong ihrer Sambaschule auswendig und singen ihn während der kompletten Parade 120 Minuten lang ununterbrochen mit! Und sie fiebern mit! Fan der Siegergruppe zu sein bedeutet für ein ganzes Jahr den Stolz, zu den Siegern zu gehören!
Und es gibt ein „Finale“ der Grupo Especial:
Am Faschingssonntag und Rosenmontag beginn das Megaspektakel jeweils um 21 Uhr und endet in den frühen Morgenstunden. Hier treten in jeder der beiden Nächte 6 Sambaschulen mit einem festgelegten Zeitlimit auf, wobei das Über- oder Unterschreiten der vorgegebenen Zeit mit Punkteabzug bestraft wird.
Punkte verleihen die Juroren für Thema, Präsentation, Genauigkeit und Abstimmung der Trommler auf Musik und Tanz sowie die Ausstattung der Kleidung und der bis zu acht Festwägen. Ein wesentlicher „Punktelieferant“ sind natürlich Rhythmus, Choreographie und Synchronität der 3000 bis 5000 Tänzer. Pro Sambaschule!!!
Daß ohne Sponsoren keine der Sambaschulen existieren könnte, dürfte klar sein. Die teilweise unbeschreiblich aufwändige Kleidung muß allerdings jedes Mitglied aus eigener Tasche bezahlen und es sind sehr, sehr viele, die sich deren Finanzierung das ganze Jahr über buchstäblich vom Mund absparen!
Das große Ergebnis:
Am Aschermittwoch fällt die Entscheidung der 40 Punktrichter, ein Höhepunkt des Jahres, der von allen Fernsehsendern Brasiliens live übertragen wird. Die Siegerehrung und die anschließende Siegesfeier mit Großfeuerwerk versetzt die zigtausend Teilnehmer und Fans in einen absoluten Freudentaumel! Da liegen sich auch die Fans der zweit- und drittplazierten Escola de Samba jubelnd in den Armen. Denn eines haben sie alle gemeinsam: Schon in den nächsten Tagen beginnt die Arbeit. Für das kommende Jahr.